„Frau Rutz, wenn ich nur daran denke, dass ich da auf diesem Friedhof
stehe und mein Kind in dieses Loch kommt, dass dann zugebuddelt wird, dreht sich mir der Magen um!“, sagte Julia zu mir in einem unserer Beratungsgespräche.
Julia weiss seit einigen Wochen, dass ihr Baby eine schwerwiegende
Erkrankung hat, die ein langfristiges Überleben unmöglich machen. In den Monaten vor der Geburt treffen wir uns gemeinsam mit ihrem Mann, aber auch alleine, immer wieder, um die Familie auf
diesem Weg zu stärken, aber auch um schon einmal über die Dinge zu sprechen, die nach der Geburt zeitnah anstehen werden, wie zum Beispiel das Begräbnis.
„Wissen Sie, wenn ich beim Ultraschall sehe, wie fit unsere Kleine ist
und wie sie da in meinem Bauch herumturnt, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass sie so schwer krank ist, dass sie sterben wird!“
Wir wissen, dass es für die Eltern einfach nicht zusammenzubringen ist,
wenn sich das Baby bewegt und augenscheinlich „normal“ entwickelt, sie sogar die Tritte spüren, zu verstehen, dass es sterben wird. Das übersteigt unsere Vorstellungskraft - vor allem unsere
emotionale.
Neben den stärkenden Gesprächen und dem Austausch mit anderen Eltern,
die einen ähnlichen Weg gehen, sprechen wir daher immer schon auch über das, was nach der Geburt kommen wird. Oftmals schicken wir die Eltern aber auch immer mal wieder zu einem Extratermin in
eine der Pränatalsprechstunden unseres Netzwerkes und dort erklären die Ärzte ihnen im Ultraschall immer wieder ganz ausführlich und in Ruhe, was genau dazu führen wird, dass ihre Kinder sterben
werden. So können wir immer ein bisschen zusätzlich im Verstehen unterstützen.
Ein paar Tage hat Julias Mädchen der Familie auf der Neo geschenkt und
dann durfte sie sterben, als es wirklich nicht mehr ging. Und sie wurde mit unsagbar viel Liebe und unermesslich grosser und tiefer Trauer beerdigt.