Kein Herzschlag bis zur Woche 12


Als frühe Fehlgeburt bezeichnet man im fachlichen Kontext den Verlust eines Kindes bis zur 12. Schwangerschaftswoche – also, wenn ein Baby im Bauch der Mama stirbt oder ohne Lebenszeichen zur Welt kommt.

 

Vielleicht hat deine Gynäkologin oder dein Gynäkologe bei einer Untersuchung festgestellt, dass das Herz deines Kindes nicht mehr schlägt.
Und vielleicht fragst du dich jetzt: Warum passiert das ausgerechnet mir? Warum mein Kind?

In den meisten Fällen gibt es darauf keine eindeutige Antwort. Es gibt keine klare Erklärung, keinen erkennbaren Grund.
Es passiert einfach.
Und vor allem: Es ist nicht deine Schuld.
Es ist niemals deine Schuld, dass das Herz deines Kindes aufgehört hat zu schlagen.

 

Typische Anzeichen einer beginnenden Fehlgeburt sind meist Blutungen, krampfartige Schmerzen oder Wehen, manchmal auch das Abgehen von Fruchtwasser.

 

In Deutschland wird bei einer frühen Fehlgeburt häufig automatisch eine sogenannte Ausschabung empfohlen – fachlich spricht man von einer Abrasio oder Kürettage. Dabei handelt es sich um einen kleinen chirurgischen Eingriff, bei dem über die Scheide das verstorbene Kind sowie Gebärmutterschleimhaut und Plazenta entfernt werden.

Was viele nicht wissen: Dieser Eingriff ist medizinisch nicht immer notwendig.


Du darfst dein Kind auch selbst zur Welt bringen – in einem Prozess, den wir kleine Geburt nennen.
Diese Geburt sollte regelmäßig medizinisch begleitet werden und kann, wenn du das möchtest, auch in einer Klinik stattfinden.

Du kannst entweder abwarten, bis dein Körper von selbst versteht, dass dein Baby verstorben ist, und der Geburtsprozess beginnt.
Oder du bekommst von deiner Gynäkologin Medikamente, die den Vorgang behutsam anstoßen.


Sprich darüber mit deiner Gynäkologin oder Hebamme – sie sind für dich da. Und wenn du dort keine passenden Ansprechpartner findest, kannst du dich auch jederzeit gerne an uns wenden.

 

Was leider immer noch viel zu häufig passiert:
Viele Frauen erleben die kleine Geburt zu Hause, ohne vorbereitet zu sein – und ihr Baby geht in der Toilette verloren.
Das ist für viele traumatisch. Und es kann ein tiefes Gefühl von doppelter Schuld und Ohnmacht hinterlassen.

Wenn du weißt, dass die Geburt deines verstorbenen Kindes bevorsteht, kannst du dich darauf vorbereiten.
Stelle dir ein feines Sieb und eine kleine saubere Schale (z. B. eine Tupperdose) neben die Toilette.
So kannst du auffangen, was kommt – und dir selbst die Möglichkeit geben, dein Baby zu sehen, zu würdigen und in Würde Abschied zu nehmen.

 


Begleitung durch eine Hebamme

 

Auch nach einer Fehlgeburt hast du als Mutter Anspruch auf Hebammenleistungen.
Diese werden ganz normal von der Krankenkasse übernommen – so wie in jeder anderen Schwangerschaft auch.

Viele betroffene Frauen denken zunächst, dass es jetzt ja keinen Sinn mehr macht.
Aber gerade in dieser besonderen Situation kann eine Hebamme sehr wertvoll sein.
Sie kümmert sich nicht nur um deinen Körper und den Heilungsprozess, sondern auch um deine Seele.
Sie begleitet dich einfühlsam – mit Zeit, mit Verständnis, mit offenen Ohren und offenen Händen.
Du musst da nicht allein durch.

 

Hebammen, die speziell in der Begleitung nach Fehlgeburt geschult sind, findest du auch in unserem Netzwerk.
Und falls du dort niemanden in deiner Nähe findest: Melde dich gerne direkt bei uns – wir helfen dir weiter. Versprochen.

 


Mutterschutz

 

Nach einer frühen Fehlgeburt besteht kein Anspruch auf Mutterschutz im rechtlichen Sinne – und auch kein Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
Das bedeutet: Der gesetzliche Schutz, den viele Mütter rund um die Geburt genießen, greift in diesem Fall leider nicht.

Trotzdem gibt es Möglichkeiten, sich Zeit und Raum zu nehmen.
Wenn du merkst, dass du körperlich oder seelisch noch nicht wieder arbeiten kannst – was völlig verständlich ist – kann dich deine Gynäkologin oder dein Gynäkologe arbeitsunfähig schreiben.
In der Regel geschieht das zunächst für etwa zwei Wochen.

Wenn danach weiterer Bedarf besteht, kann deine Hausärztin die Krankschreibung verlängern.
Auch andere Fachärztinnen – wie z. B. Psychiaterinnen – können einbezogen werden, insbesondere wenn die Trauer andauert oder sehr belastend wird.

Dann greifen die ganz normalen Regelungen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall:
Du bekommst in den ersten sechs Wochen dein volles Gehalt weiter (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz – EntgFG). Danach hast du Anspruch auf Krankengeld.

 

Wichtig ist:
Du darfst dir Zeit nehmen.
Und du hast das Recht, gut für dich zu sorgen – ganz gleich, was andere sagen oder erwarten.

 

 


Bestattung

 

Das Bestattungsrecht ist in Deutschland Ländersache – das heißt, jedes Bundesland hat eigene Regelungen.

Grundsätzlich gilt:
In allen Bundesländern besteht ein Bestattungsrecht für Kinder, die als Fehlgeburt gelten.

In den meisten Bundesländern gibt es keine elterliche Bestattungspflicht bei einer Fehlgeburt.
Das bedeutet: Als Eltern müsst ihr euer Kind nicht zwingend selbst bestatten.
In der Regel besteht aber eine Bestattungspflicht seitens der Klinik.

 

Ihr habt als Eltern in vielen Fällen die Möglichkeit, zwischen zwei Formen der Bestattung zu wählen:

 

1. Die Gemeinschaftsbestattung

Diese wird in der Regel vom Krankenhaus organisiert – je nach Klinik erfolgt sie monatlich bis jährlich.
Gemeinschaftsbestattungen sind für Eltern kostenfrei.

Wichtig zu wissen:

  • In der Regel können keine persönlichen Gegenstände an der Grabstelle abgelegt werden.

  • Eine individuelle Abschiednahme und eine persönliche Mitgestaltung der Beisetzung selbst sind i.d.R. nicht mehr möglich.

  • Der Name des Kindes erscheint meist nicht auf dem Grabstein oder der Inschrift.

Für viele Familien sind genau diese Punkte – das Persönliche, das Sichtbare, das Greifbare – aber sehr wichtig.
Sprich daher am besten frühzeitig mit dem Krankenhauspersonal über die Optionen.
Scheue dich nicht, gezielt nachzufragen.

 

2. Die individuelle Bestattung

Hier habt ihr mehr Gestaltungsfreiheit.
Ihr könnt wählen zwischen:

  • Erd- oder Feuerbestattung

  • Beisetzung in einem bestehenden Familiengrab oder einer eigenen Grabstätte

Ein eigenes Grab und eine individuell gestaltete Abschiednahme bieten oft wichtige Anker im Trauerprozess – nicht nur in den ersten Wochen, sondern auch für den späteren Weg.

 

Eine einfühlsamer Bestatter*in wird euch über alle Möglichkeiten ausführlich informieren und begleiten.


Bestatter, die Erfahrung mit solchen Situationen haben, findet ihr auch in unserem Netzwerk.

 

Und wenn ihr Fragen habt, unsicher seid oder einfach jemanden braucht, der wertungsfrei zuhört – meldet euch gerne bei uns.
Unsere Beratung ist kostenfrei und offen für alles, was euch bewegt.


Beurkundung einer Fehlgeburt

 

Laut § 31 Absatz 3 der Personenstandsverordnung (PStV) gilt ein Kind als Fehlgeburt, wenn es bei der Geburt keine Lebenszeichen zeigt und entweder weniger als 500 Gramm wiegt oder die 24. Schwangerschaftswoche (23+0) noch nicht erreicht ist.
Solche Kinder werden nicht offiziell beurkundet.

 

Aber – und das ist wichtig:

Seit dem 15. Mai 2013 gibt es eine Neuregelung in § 31 PStV, die es Eltern ermöglicht, ihr Sternenkind trotzdem beim Standesamt eintragen zu lassen – und ihm damit sichtbar und dauerhaft eine Existenz zu geben.

 

Was das bedeutet:

  • Alle Eltern haben das Recht, ihr Kind beim Standesamt registrieren zu lassen – unabhängig von Gewicht und Schwangerschaftswoche.

  • Die Anzeige kann auch nur von einem Elternteil erfolgen.

  • Es handelt sich dabei um eine urkundenähnliche Bescheinigung.
    Diese hat keinerlei Auswirkung auf Mutterschutz oder andere Leistungen – aber sie ist ein wichtiger symbolischer und emotionaler Schritt.

  • Auch rückwirkend kann die Bescheinigung beantragt werden – sogar, wenn der Verlust vor 2013 war.
    Es gibt keine zeitliche Begrenzung.

 

Um die Bescheinigung zu beantragen, brauchst du:

  • deinen Personalausweis,

  • und einen Nachweis über die Fehlgeburt, z. B. eine Bescheinigung vom Arzt oder den Mutterpass
    (der ist meist erst nach der 12. Woche vorhanden, aber auch frühere Nachweise werden akzeptiert).

Die Kosten liegen bei etwa 10 Euro – manche Standesämter stellen die Bescheinigung auch kostenfrei aus.

 

So gehst du vor:

Es ist in der Regel sinnvoll, vorab beim zuständigen Standesamt anzurufen und den Wunsch zu äußern, dass du eine solche Bescheinigung für dein Kind ausstellen lassen möchtest.
Dann erfährst du genau, welche Unterlagen in deinem Fall benötigt werden.
Oft ist es sogar so, dass die Bescheinigung dann schon zur Abholung vorbereitet ist, wenn du dort erscheinst.


Kindergeld und Elterngeld (Elternzeit)

 

Nach einer sog. frühen Fehlgeburt hast du weder Anspruch auf Kindergeld oder Elterngeld. Auch eine Elternzeit ist nicht möglich.


Download
Kürettage und Kleine Geburt - Mein Baby stirbt im 01. Trimester
Broschure_Mein_Baby_stirbt_im_01_Trimest
Adobe Acrobat Dokument 3.8 MB


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