 
    
    „Warum weinst du denn?“, wurde Jutta am Telefon von ihrer Tante gefragt.
    Eine Frage, die Jutta so in die Ecke drängt - ist es doch noch keine vier Wochen her, dass ihr kleiner Sohn viel zu früh in der 34. Schwangerschaftswoche gestorben ist.
    
    Jutta sitzt mit ihren Mann zusammen bei mir im Beratungsgespräch und erzählt mir, dass ihre Familie gar kein Verständnis dafür hat, dass sie immer noch traurig ist.
    „Ich dachte, ich bin stark, aber ich muss halt
    immer wieder weinen!“, resultiert sie aus dem Erleben
    mit ihrer Familie. Ich erkläre ihr, dass sie unheimlich
    stark ist, denn sonst würde sie gar nicht vor mir
    sitzen.
    
    „Wissen Sie, Frau Rutz, die sagen immer, ich solle
    etwas tun, was mich glücklich macht und dann
    würde es mir schon wieder besser gehen!“, erzählt
    Jutta. Ich schaue sie an und sage: „Glücklich machen
    würde Sie doch im Moment nur, wenn ihr Sohn noch
    leben würde.“ Sie nickt traurig….
    
    Ich bin immer wieder für einen Moment
    erschrocken, dass es so wenig Empathie und Verständnis gibt
    für die Situation dieser Familien. Das es nicht logisch
    ist, dass man vier Wochen nach dem Tod des
    eigenen Kindes noch traurig ist und weint.
    
    Ich wünsche mir mehr Aufmerksamkeit, mehr Aushalten, mehr Nachdenken - damit die Familien nicht denken, sie seien schwach, weil sie ihrer Trauer und ihrem Schmerz Raum geben. Den Raum, den es so dringend braucht, damit so etwas wie Heilung überhaupt eine Chance hat.
