Eigentlich wollte ich nicht herkommen...

„Ich wollte eigentlich nicht hierherkommen. Ich habe die ganze Zeit nach Ausreden gesucht und mich mit Händen und Füssen gewehrt, aber meine Frau hat nicht locker gelassen und auch mein Arbeitgeber hat mir dringend angeraten, am Trauer-Beginner-Tag teilzunehmen!“
Marc hatte schon vor einiger Zeit in der Beratung erzählt, dass er den Tod seiner Tochter, der damals vier Wochen her war, bereits abgeschlossen und akzeptiert hatte. Ich durfte ihm schon damals erklären, dass das eine reine Kopfentscheidung war, aber ich wusste auch, dass er seine eigenen Erfahrungen machen muss.

Am Trauer-Beginnertag erzählte er vor dem Mittagessen von seiner unbändigen Wut, die ihn begleitet. Er muss inzwischen schon aufpassen, dass er nicht gewalttätig anderen gegenüber wird, die sich nicht richtig verhalten.
Irgendwann kam er zu dem Punkt, dass diese Wut begonnen hat, als der Sternenkinderfotograf kam. Dieser hatte entgegen der Absprache nur Fotos von seiner verstorbenen Tochter gemacht und es wurde den Eltern gar nicht Bescheid gegeben.
„Nun gibt es gar kein Bild mit mir und meiner Tochter! Ich wollte doch schon so lange Papa sein und nun habe ich nicht einmal dieses eine Bild, das mich als Papa zeigt!“
In diesem Moment brachen die Tränen aus Marc heraus und wir alle gemeinsam erlebten, was da heilsames passiert, wenn sich die Trauernden sicher und unbewertet fühlen. Wir alle haben diesen Raum gemeinsam für ihn gehalten und er hat es als sehr wohltuend empfunden.

Zum Abschluss des Tages war Marc seiner Frau und seinem Arbeitgeber so dankbar, dass sie ihn „hergezwungen“ hatten.

Er kann es kaum abwarten, zu den nächsten Veranstaltungen zu kommen und nun mit seiner Trauer - anstatt gegen sie - zu arbeiten.

Ich bin immer noch ganz ehrfürchtig, wenn ich an diesen Tag denke…