Um 6.30 Uhr wache ich auf. Ich nehme mein Handy, checke Emails und Nachrichten und beantworte die ersten. Dann stehe ich auf.
Beim Anziehen achte ich darauf, welche Kleiderordnung die Eltern sich gewünscht haben und ziehe mich dementsprechend an.
8.00 Uhr Frühstück
8.15 Uhr - erster Check mit dem Bestattungshaus bzgl. der heutigen Beisetzung
Im Büro Papierkram erledigen
9.00 Uhr - unsere andere Birgit kommt vorbei - wir besprechen kontaktlos und mit Abstand, was heute anliegt - mittwochs ist immer unser Versandtag, es sind viele Pakete zu packen und einiges anderes in der Beratungsstelle zu erledigen. Auch kommt mittwochs immer unsere Reinigungsfee.
9.30 Uhr - ich mache mich auf den Weg zum Bestattungshaus und dann auf den Weg zum Friedhof, der eine halbe Stunde entfernt liegt.
Gedanklich bereite ich mich auf die Beerdigung vor, gehe noch einmal alle Erlebnisse und Gespräche mit der Familie durch.
10.10 Uhr - ich bin am Friedhof angekommen, schnappe mir meine Dekokiste und mache mich auf die Suche nach dem Grab der Familie. Dort angekommen, laden wir alles, was wir heute benötigen, aus dem grossen Bestatterauto - alleine heute haben wir unzählige Blumengestecke, die die Familien bestellt haben.
Dann planen wir den Ablauf und wie alles am besten zugänglich ist und bauen alles auf.
10.20 Uhr - die Fotografin kommt. Wir schauen gemeinsam, von wo sie am besten fotografieren kann, ohne direkt in der Trauergemeinde selbst unterwegs zu sein.
10.30 Uhr - die ersten Angehörigen erscheinen. Wir begrüssen uns in C-Zeiten sehr herzlich, aber ohne Handschlag und Unarmung.
10.35 Uhr - die Eltern des verstorbenen Kindes sind nun auch da und beim Anblick des Sarges ihres Kindes kommen die ersten starken Emotionen hervor.
Heute ist nun der endgültige Tag und man hätte gerne noch mehr Zeit.
10.45 Uhr - mein Telefon klingelt. Eine Mama weint am anderen Ende und erklärt mir, dass sie eine Diagnose bekommen haben und vom Arzt meine Handynummer. Ob ich sie beraten kann. Wir verabreden einen Termin für nachmittags.
10.50 Uhr - ich mache mein Handy jetzt aus und lege es weg, wir besprechen noch letzte unklare Punkte für den Ablauf und dann gehe ich in die Stille.
10.59 Uhr - der Bestatter nimmt den kleinen Sarg und wir gehen gemeinsam zur Trauergemeinde, die an der Trauerhalle wartet.
Gott sei Dank hatte die Stadt einen Tag vorher die Versammlungsregeln gelockert, so dass nun viele Familienmitglieder und Freunde mit dabei sein konnten.
Ich muss leider noch einmal allen die Abstandsregeln erklären und dann überreicht der Bestatter dem Vater den Sarg seines Kindes.
In Ruhe startet der lange Trauerzug.
Ab jetzt sind wir im „Modus Beisetzung“ - es war eine wirklich schöne und bewegende Beisetzung.
12.00 Uhr - der offizielle Teil der Beisetzung ist beendet. Es ergeben sich noch ein paar Gespräche mit den Angehörigen.
„Ich finde es toll, dass der Abschied meines Neffen so zelebriert wurde“ - „Das war eine wirklich würdige Beerdigung“ - „Ich hätte mir die Beerdigung nicht so schön vorgestellt“.
12.30 Uhr - wir haben alles abgebaut und machen uns langsam auf den Weg. Im Auto verspüre ich tiefen Frieden und Dankbarkeit - dieses kleine Kind hat seinen unverrückbaren Platz in der Familie und im Freundeskreis. Ich höre kein Radio sondern lasse einfach alle Eindrücke nachklingen.
13.05 Uhr - ich komme zuhause an, mein Mann fragt mich, wie es war - dafür bin ich immer sehr dankbar.
Ich nehme mir ein Brötchen und etwas zu trinken und gehe meine Nachrichten und Emails durch und rufe unsere Birgit an, um zu hören, was es in der Beratungsstelle neues gibt. Wir gehen die Anrufe durch.
Eine Bestatterin braucht eine Beratung wegen des richtigen Sarges - wir telefonieren und besprechen alles. Ich schicke unserer Birgit eben eine Nachricht und bereite sie vor, dass da heute noch eine Expresslieferung rausgeht.
Einige andere Nachrichten sind noch zu beantworten.
13.30 Uhr - ich ziehe meine Sportklamotten an. Unser Trainer macht im Moment Hausbesuche, weil das Fitness-Studio noch geschlossen hat. Gerade jetzt trainiert mein Mann, aber gleich bin ich dran.
13.50 Uhr - die Bestatterin ruft zurück und gibt ihre Bestellung auf. Ich gebe sie direkt weiter.
14.00 Uhr - jetzt gehört die halbe Stunde Sport mir. Danach duschen und umziehen.
14.45 Uhr - ich beantworte noch einige Emails und Nachrichten, erstelle das Etikett für den Expressversand.
15.00 Uhr - ich lege mich eine halbe Stunde hin, weil ich weiss, dass der Tag noch lang wird.
15.30 Uhr - mein Telefon klingelt. Es ist die Mama von morgens mit der Bitte, ob wir jetzt schon sprechen könnten, weil es ihr so schlecht geht. Na klar können wir!
15.35 Uhr - gemeinsam mit ihrem Mann „treffen“ wir uns zum Skype-Gespräch und besprechen etwa 90 Minuten lang alles, was der Familie auf dem Herzen liegt.
15.40 Uhr - mein Mann macht sich auf den Weg, um den georderten Sarg noch zur Post zu bringen, damit er am nächsten Tag im Bestattungshaus ankommt.
17.00 Uhr - ich setze mich ein paar Minuten mit meinem Mann in den Garten und wir sprechen über private Dinge.
17.30 Uhr - ich bereite das Abendessen und wir essen gemeinsam.
18.30 Uhr - ich gehe nochmal ins Büro und arbeite einige Dinge ab (bei meinen Emails bin ich immer noch fünf Wochen im Rückstand)
19.30 Uhr - Online-Seminar mit einer Teilnehmergruppe aus unserer Jahresweiterbildung. Wir haben einen wirklich engagierten und intensiven Austausch.
21.20 Uhr - das Onlineseminar ist beendet und ich bereite mich darauf vor, ins Bett zu gehen.
21.34 Uhr - eine Nachricht von der Mama, mit der ich nachmittgs telefoniert habe. Ob wir nochmal telefonieren könnten, weil es ihr gerade so schlecht geht.
21.40 Uhr - wir telefonieren noch eine halbe Stunde und kommen gemeinsam an einen Punkt, wo es nun möglich erscheint, dass sie auch schlafen gehen können.
22.15 Uhr - ich mache mich bettfein und schreibe noch eben unserer Andrea, welcher Stoff noch vorrätig ist und einer anderen Mama zurück, die heute einen wirklich schweren Tag hatte.
22.20 Uhr - die Eltern, deren Kind wir heute beigesetzt haben, melden sich zurück und bedanken sich für die traurig-schöne Beerdigung und fragen, was jetzt kommt. Wir schreiben noch ein bisschen hin und her.
22.40 Uhr - ich sage meinem Mann „Gute Nacht“ und gehe dankbar und müde ins Bett.