Ganz in Ruhe fahre ich mit dem kleinen Sarg neben mir auf dem Beifahrersitz durch den Verkehr. Ich hatte mich entschieden, noch einmal mit dem kleinen Mann durch die Stadt zu fahren - mitten
durch das Gewühl von diesen vielen Autos, Radfahrern und Menschen - würde er doch selbst all dies niemals erleben.
Zwischendurch hielten wir still Zwiesprache.
Manchmal, wenn ich an der roten Ampel stand, überlegt ich, was man wohl denken würde, wenn man jetzt einen Blick in mein Autofenster werfen und dort den kleinen Sarg sehen würde. Öfters habe
ich schon gedacht, wie es wohl wäre, einen Hinweis auf dem Auto zu haben - ähnlich den Aufklebern vieler Eltern „Kind an Bord“.
Ich lasse mich von dem Gehetze draussen gar nicht anstecken und fahre ganz in Ruhe weiter. Diese besondere „Fracht an Bord“ macht etwas mit mir. Ich erinnere mich an meine Zeit in San
Diego/Californien vor über zehn Jahren - wenn ich da die Kinder aus der Pathologie abgeholt und eingesargt hatte, um die die Eltern sich nicht sorgen konnten oder wollten, musste ich auch
immer durch die halbe Stadt zum Bestatter gefahren. Manchmal habe ich mit ihnen gesprochen, manchmal gesungen.
Gestern haben wir gemeinsam sehr schöne Musik gehört.
Ich komme am Friedhof an und kann in Ruhe alles aufbauen. Ich hole den kleinen Sarg aus dem Auto und stelle ihn auf. Dann warte ich auf die Familie.
Wir haben strahlend blauen Himmel, die Sonne scheint und wärmt. Es sind Besucher auf dem Friedhof, die immer wieder einen wertschätzenden aber auch berührten Blick zu uns herüberwerfen.
Die Vögel zwitschern.
Auf der einen Seite hört man die Anwohner in ihren Gärten arbeiten. Auf der anderen Seite den Kindergarten - die Kinder haben hörbar Spass am Wetter und im Spiel miteinander.
Vielleicht denkt mancher, es müsste doch ganz still sein.
Ich dachte: „Wie passend, dass wir diesen kleinen Mann nun so gefühlt „mitten im Leben“ beisetzen - war es doch bei seiner Geburt schon still...