„Puh, was bin ich froh, dass man Sie so spät noch erreichen kann!“,
sagte die Mama am Telefon. Es war kurz vor 21.00 Uhr - ich war gerade von der Trauergruppe nachhause gekommen.
Sie hatten gerade erst erfahren, dass ihr kleines Mädchen sterbenskrank
ist und schon in zwei Tagen sollte der Termin im Krankenhaus für die Geburtseinleitung sein.
In einem kurzen Gespräch beruhigte ich sie erst einmal und gab ihr die
Rückmeldung, dass diese Woche noch gar nichts passieren muss und wir uns erst einmal ganz in Ruhe zu einem Gespräch treffen können. „Den Termin im Krankenhaus können Sie erst einmal absagen und
dann schauen, für wann es Ihnen zB nächste Woche passt!“
Ich bin selbst immer wieder schockiert, wie hier oftmals mit den
Familien verfahren wird. Da werden ruckzuck Termine zu Geburtseinleitungen in den Kliniken gemacht. Es wird den Familien zum Teil nicht einmal erzählt, dass diese Vorgespräche in der Klinik
bereits die Aufnahmegespräche sind, die Frauen dort schon ihre erste Tablette bekommen und dann am nächsten Tag stationär aufgenommen werden.
Das ist nicht nur absolut übergriffig sondern auch überhaupt nicht
wertschätzend dem Kind gegenüber.
„Wir geben Ihnen jetzt erst einmal die Handlungsfähigkeit wieder“, gab
ich der Mama gestern Abend mit. Denn genau das ist es, was die Familien in diesen Situationen benötigen, damit keine traumatischen Erlebnisse entstehen.
„Sie haben mir gerade soviel Druck genommen!“, bedankte sich die Mama
zum Schluss! „Ich freue mich auf das Gespräch mit Ihnen!“
Ich war auch erleichtert, dass ich so spät noch ans Telefon gegangen
bin, obwohl ich eigentlich nach dem langen Tag auch Lust auf „Feierabend“ hatte.