„Vor allen Dingen sollten Sie aufhören, ständig zum Grab Ihres Kindes zu
rennen! Damit halten Sie die Trauer doch nur aufrecht! Es wird Zeit, dass sie das hinter sich lassen und nach vorne schauen!“, waren die Worte des Therapeuten, den sich Anja nach dem Tod ihrer
Tochter gesucht hatte.
Es war gerade ein paar Monate her, dass ihre zu früh geborene Tochter
ein paar Tage nach der Geburt gestorben war und der Therapeut schickte sie mit den Worten nachhause, dass er sowieso nicht wisse, „was ich an Ihnen therapieren soll“!
Auch wenn ich weiss, dass leider Trauer keinen grossen Raum einnimmt in
der psychologischen Ausbildung und schon gar nicht die spezifische Trauer um ein frühverstorbenes Kind, so bin ich doch immer wieder leicht schockiert, wenn ich solche Erlebnisse in unseren
Beratungen höre!
Trauer darf sein - sie ist eine Konsequenz der Liebe und wollen wir
diesen Vätern und Müttern die Liebe zu ihren Kindern verbieten, nur, weil sie noch so klein waren? Trauer geht nicht von alleine weg - sie darf und muss gelebt werden, damit sie sich integrieren
und wandeln kann.
Deswegen wünsche ich mir so sehr, dass PsychotherapeutInnen jeglicher
Art sich ihrer Verantwortung bewusst werden, die sie ihren KlientInnen gegenüber haben und sich fortbilden in den Sparten, in denen ihnen offensichtlich Wissen fehlt. Sie können solch grossen
Schaden anrichten bei diesen Frauen und Männern, die sich Ihnen in einer so verletzlichen Phase ihres Lebens anvertrauen!
Mir ist es wichtig, dass das hier keine Pauschalverurteilung aller
PsychotherapeutInnen ist - es gibt unzählige wunderbare unter ihnen, die gute Stützen für die Familien sind. Aber wir lernen alle nie aus - Weiterbildung schadet nicht und kann soviel Gutes
bewirken!