
Wenn Eltern sich entscheiden, ihr verstorbenes Kind nicht sehen zu
wollen, liegt das aus meiner Erfahrung fast immer an fehlender oder unzureichender Beratung und Begleitung.
Ich weiß, wie provokant dieser Satz klingt. Und doch ist es wichtig, ihn
auszusprechen.
Denn: Eltern tragen in dieser unvorstellbaren Situation enorme Ängste in
sich – Ängste, die wir als Fachpersonen ernst nehmen und verstehen müssen.
Unsere Aufgabe ist es nicht, sie zu drängen oder zu überreden. Unsere
Aufgabe ist es, ihnen die emotionalen Prozesse zu erklären, in denen sie sich gerade befinden, und ihre Ängste behutsam sichtbar zu machen.
Wenn Eltern begreifen, was hinter ihrer Angst steckt, öffnet sich
meistens (wieder) eine Tür: die Tür zur Liebe für ihr Kind.
In dem Moment, in dem sie ihre Angst verstehen, können sie in den
Kontakt mit ihrem verstorbenen Kind gehen – ein Kontakt, der nicht nur zu einer tiefen und heilsamen Erinnerung wird, sondern auch essentiell notwendig für einen gesunden Trauerprozess
ist.